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IMAGE HIFI MAGAZIN – Testbericht – Roland Kraft
MANLEY SNAPPER – Röhren-Mono-Endverstärker

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Manley Labs - SNAPPER
Monoblock Röhrenverstärker

Review AVguide April 2003


Aaron M. Shatzman


Mein größtes Problem bei der Abfassung meines Berichtes über den neuen Snapper Mono Röhrenverstärker von Manley Labs ist, dass die ehrliche Beschreibung meiner Eindrücke nicht glaubhaft erscheinen könnte. Wer glaubt schon einem Tester, der nur Positives zu berichten hat.

Ich habe gehört, dass während der letzten CES die kleineren Snapper bei den Besuchern der Manley Suite einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Zum Teil, ohne Frage, sicher begründet durch das ungewöhnliche äußere Erscheinungsbild der Snapper, deren Eindruck sich keiner entziehen kann.

Ob ein Betrachter sich vom Snapper angesprochen ("ungewöhnlich, anders, unterschiedlich, modern, post-modern, erstaunlich") oder eher abgestossen ("eigenartig, überladen, übertrieben, überzogen") fühlt, niemand wird ihn als langweilig empfinden, fade oder einerlei.

Mit dem nächsten Verwandten, dem Stingray, verbindet ihn nicht nur der Name eines Wassertieres, sondern auch eine Reihe von Designelementen, die auf gleiche Familienzugehörigkeit hinweisen.Wie beim Stingray hat sein Chassis eine grobe Dreiecksform oder eine Form mit abgeschnittenen Ecken, das von 4 bildschönen Säulen in blau-grauer Farbe getragen wird, die nach unten hin spitz zulaufen. Die Röhren sitzen oben auf dem Chassis (1 x 12AT7, 1 x 7044, 4 x EL34 Treiber), direkt im Blickfeld, zusammen mit den Trafos, den großen Kondensatoren, offen und ohne irgend eine Abdeckung, einen Käfig oder ein Gitter.

Die Oberseite ist sehr sorgfältig und ausführlich bedruckt, zur Kennzeichnung der Röhrenplätze und der zugehörigen Mess- und Einstellpunkte für den Bias. Auf der Hinterseite haben die Entwickler sehr solide Klemmen für den Lautsprecheranschluß vorgesehen, asymmetrische Cinch- und symmetrische XLR-Eingangs-buchsen sowie Schalter zur Wahl dieser Buchsen und der Eingangs-Impedanz. Selbst die, denen das Design zu frech ist, werden zugeben, dass alles seinen Platz und seine Ordnung hat, und dass der Snapper attraktiver ist als eine große Box.

Besucher, die während des letzten Monats in meinen Hörraum kamen, in dem es immer eine Reihe exotischer Audio-Geräte zu sehen gibt, liefen ausnahmslos immer zuerst auf den Snapper zu, um ihn genauer zu betrachten. Warnung an alle; der Snapper ist so ein Gerät, das nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene anfassen wollen.

Der Snapper hat den bedeutendsten aller Tests für Wiedergabegeräte mit Bravour bestanden: er war immer wieder in der Lage Musik in einer zufriedenstellenden Qualität wieder zu geben, welche ich am Tag zuvor im Konzerthaus gehört hatte. Üblicherweise verliefen bisher solche Hörerlebnisse mit einer herben Enttäuschung, besonders dann, wenn ich vor der Live-Aufführung der Meinung war, dass meine Anlage toll spielte. Aber immer wieder waren die Snapper in der Lage, gespeicherte Musik so perfekt wieder zu geben, dass ich nur noch die Art der Aufführung und der Interpretation zwischen Live-Konzert und Tonträger vergleichen wollte und nicht die Klangqualität, eine erstaunliche Erfahrung. Gleich nach dem Konzert des Philadelphia Orchestra unter Dutoit mit Beethoven's Fünfter im neuen Kimmel-Center – schrecklich dachte ich. Sagte ich doch meiner Frau, dass Dutoit wohl der Meinung war die Siebte zu dirigieren, mit den Tanzstücken, und nicht die Fünfte, das Drama – hörte ich danach das gleiche Stück mit den St. Louis und Hans Vonk (Archmedia). Nun waren unsere Sitze im Kimmel etwas zu nahe, aber der Manley Snapper produzierten zu Hause eine lebendige Musik, voller, wärmer und dunkler als ich es im Kimmel hören konnte. Einmal in Fahrt legte ich Kleiber/Wiener (DG) auf und wieder hörte ich einen Klang, der, obwohl er unterschiedlich im Vergleich zum Live-Eindruck im Kimmel oder zur Aufnahme mit Vonk/Philadelphia war, doch in allen Details so befriedigend war wie die Live-Wiedergabe. Der DG-Klang, trockener, harscher, schärfer als bei Archmedia, passte perfekt zu Kleibers temporeicher und unglaublich dramatischer Aufnahme. Die Interpretation und der Klang waren von der gleichen Strenge, die in dieser Intensität furchterregend war.

Ich habe zwei Dinge zum Snapper anzumerken: 1. Sie spielen Musik, die nicht enttäuscht, auch nicht, wenn man sie vorher in einem Konzert gehört hat. 2. Sie bringen akustische Unterschiede verschiedener Quellen mit Leichtigkeit zum Vorschein, ohne dass sie die Musik mit ihrer Klangcharakteristk verfärben.

In meine Notizen steht: "die alte DG-Aufnahme vermittelte eine zu große Bühne mit Klüften zwischen den Orchesterteilen". Jedenfalls kamen die Blechbläser so echt rüber, ich dachte, ich sei dabei. Ich schrieb: "die Manleys waren unermüdlich dabei, wiederzugeben, was die Quelle enthielt", in diesem Fall "eine spektakuläre", wenngleich unnatürlich große Bühne. Am nächsten Tag waren die tanzenden Piccicato der Streicher im 3. Satz der Vierten "schaurig live-ähnlich" mit mikro-dynamischen Schattierungen, die wahrscheinlich im Live-Konzert nicht mehr zu hören waren. Bei dieser Aufnahme ließ der Snapper eine weitere liebenswerte Eigenschaft erkennen – egal, bei welcher Lautstärke ich das Stück spielte, der Klangcharakter blieb durchgehend intakt. Unabhängig von der Quelle, der Snapper verstärkte Musik bringt stabile, solide räumliche Abbildungen.

Sowohl The Weavers (Vanguard) als auch The Persuasions (Collectibles) geben einer Anlage die Möglichkeit, Fehler offen zu legen. Denn wir wissen alle, wie die menschliche Stimme klingen soll, und mit wenigen Sängern auf der Bühne wissen wir, was wir erwarten können und woher die einzelnen Stimmen kommen. Die kleine Bassstimme hinter den Weavers in "Guantanamara" war nicht nur hörbar (lobenswerterweise), sondern tatsächlich sehr präsent, auch körperlich wahrnehmbar. Obwohl das Mitsingen der Zuhörer (mit Zeitversatz) in "Goodnight Irene" über die Jahre zu einem probaten Audiotest geworden ist, was mich beim Snapper überrascht hat, war das Mitsingen der Zuhörer beim "Rambling Boy", keine leichte Verstärkeraufgabe.

Bei den Persuasions beeindrucke mich weniger das Körperliche, die Präsenz und Impakt der Sänger, sondern die Art wie die Manleys emotional geladen waren, was ich nie zuvor gefühlt habe und was ich in meinen Notizen als "atemberaubende, verzweifelt gute, mitreissende, engagierte" Qualität des Gesangs festhielt, was für mich eine neue Dimension bedeutet und besser. Diese alte Aufnahme zog mich in so ihren Bann, als hörte ich sie zum ersten Mal. Ich höre nicht nur, ich bin mitten drin.

Nichts konnte den Snapper aus der Ruhe bringen. Nicht einen Wochen-Marathon mit Beethovens Neunter mit Hoogwood/AAM (L'Oiseau Lyre) und Norrington/LCP (EMI), kein Mahler-Wochenende mit Barbirolli/New Philharmonia mit seiner Fünften oder mit Berstein/BPO und der Neunten (DG). Wenn Bernstein den Spielern auf den letzten Seiten ein "Slow" abverlangte, dann gaben die Manleys ein Slow wieder, das nicht nur slow war, sondern auch noch pianissimo, das so ätherisch leicht war, dass ich meinen Atem anhielt. Ich war verwundert über die Art wie die Manleys Hoogwood's Original-Klang Streicher, die sonst eher zu dünn und zu leicht klingen, jetzt leicht, aber auch körperhaft erscheinen ließen. Hohe Frequenzen mit Körper sind mit normalen Verstärkern nicht so leicht abzubilden. Beim Hören der Bleche, mit Kontur und Biss, mußte ich lachen über meine Notizen: kleine "Klang-Krapfen" die bei jedem Auftritt aus den Lautsprecher heraus kullern".

Bernsteins einziger Auftritt mit Karajans Orchester geben den Manleys die Gelegenheit "der größten Klangbühne, die ich je gehört habe, besonders hinten, bei den Hörnern tief links, und das Tympani ganz rechts im rechten Lautsprecher, irgendwo hinter der Wand des Hörraums.

Wenn ich Kritik äußern soll, dann meine ich, dass der Snapper sich leichter tut mit p-ppp als mit f-fff, aber ohne den Eindruck zu haben, als fehle es ihnen an Kraft bei voller Lautstärke. Aber sie waren einfach wunderbar bei der Wiedergabe leiser, empfindlicher und zarter Passagen. Zum Beispiel die überlegene Aufnahme mit Askenazy/Solti/CSO im 5. Klavierkonzert Beethoven's (London) erlaubt dem Solisten und dem Orchester das volle Klangspektrum zu demonstrieren, von Beinahe-Stille zum umwälzenden Ausbruch. Bei Askenazy's zarten Anschlag schien man die Bewegung Fingerspitzen zu fühlen. Ich war der Meinung, ich konnte in das Master-Tape der London Aufnahmeingenieure hineinhören – so genau konnte ich jede Fingerbewegung auf den Tasten verfolgen.

Der Snapper-Verstärker kann über die reine Produktion des Audio-Signals hinaus voll und ganz überzeugen. Bei dieser superben Fähigkeit verdienen er ohnehin Ihr Interesse; aber er hat mich mit mehr als lediglich Hörgenuss erfreut. Mit seinen 100 W an Kraft kann er ohne sich besonders anstrengen zu müssen, jedweden Lautsprecher antreiben. Sie bieten unglaubliche Klangwiedergabe, nicht-alltägliches Design, überdurchschnittliche Qualität der Fertigung und der Bau-Teile. Geben Sie sich die Mühe und gehen Sie auf diese Verstärker zu, sie werden es Ihnen lohnen.


Technische Daten:

  • Röhrenausstattung: 1x12AT7WA Ei (Eingang), 1x7044 GE JAN (Treiber)
  • 4 x EL34EH (Ausgang)
  • B+Spannung: 570 V (Gleichstrom)
  • Eingangsimpedanz: RCA: 475 Ohm
  • XLR: 15 kOhm / 600 Ohm (schaltbar)
  • Eingangsempfindlichkeit: RCA: 750 mV Eingang = 110 W Ausgang
  • XLR bei 15 kOhm: 1,5 V Eingang = 110 Watt Ausgang
  • XLR bei 600 Ohm: 2,4 V Eingang = 110 Watt Ausgang
  • Gain: RCA: 31 dB (werkseitig)
  • XLR: 25 dB (werkseitig)
  • Negative Rückkopplung: 9 dB global (werkseitig)
  • Ausgangsleistung max.: 110 W bei 5 Ohm (1,5% THD bei 1kHz)
    100 W bei 8 Ohm (1,5% THD bei 1kHz)
  • Geräuschabstand Ref.1W:90 dB
  • Dynamikbandbreite: 98 dB
  • THD + Geräusch bei 1W: <0,1%
  • Frequenzbereich: bei voller Ausgangsleistung von 110W: 15 Hz bis 40 kHz
  • Frequenzbereich: bei 5 W an 5 Ohm: 10Hz bis 65 kHz
  • Empfohlene LS-Impedanz: optimiert für 5 Ohm
  • Stromverbrauch: 170 W (Leerbetrieb)
  • 336 W (bei 110 W Volllast)
  • Abmessungen: 38 x 33 x 22 cm (B x T x H)
  • Gewicht: 20,4 kg / Mono

IMAGE HIFI MAGAZIN – Testbericht – Roland Kraft
MANLEY NEO CLASSIC 300B – Röhren-Mono-Endverstärker
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Enjoy the Music November 2001

Manley Labs

NeoClassic 300B Mono-Endverstärker

Todd Warnke


Ich will es gleich loswerden, ja, ich habe mich von diesen Dingern verführen lassen. Natürlich sind auch diese Geräte, wie alles in dieser Welt, mit Schwächen behaftet, und ich werde mich bemühen, auf diese offen einzugehen. Diese Fehler fallen aber nach meiner Überzeugung kaum ins Gewicht, da die Seele dieses Gerätes ausgesprochen musikalisch ist. Und allen denen, die auf der Suche nach der perfekten Audio-Wiedergabe ihre Seele verloren haben, möchte ich ins Gedächtnis rufen, dass es etwas Bewegendes ist, sich von der Musik wieder einmal verführen führen zu lassen.

Zweitens ist dies wahrscheinlich der schwierigste Testbericht, den ich je abzufassen hatte. Der erste Grund dafür ist, dass der NeoClassic gleich zu Beginn emotional eingenommen hat und doch objektiv zu bleiben hatte (kommt es Ihnen nicht auch sonderbar vor – wir wollen und suchen Musik, die uns bewegt; und dann, wenn wir ein Gerät gefunden haben, das uns emotional anspricht, müssen wir uns eine ungewollte Objektivität auferlegen, wenn wir es beschreiben?). Der zweite Grund ist die Tatsache, dass der NeoClassic sehr flexibel ist und Sie mit den vielen Einstellmöglichkeiten auch jedesmal andere Klangvarianten erzielen und somit die Versuchsreihe dieses Tests vergrößern können. Ich treibe das perverse Spiel weiter und fahre fort mit den langweiligen statistischen Fakten, bevor ich mich dann mit den atemberaubenden und phantastischen Details meiner Verzauberung befasse.

Das Gehäuse

Der NeoClassic stellt eine umfassende Überarbeitung, fast eine Neu-Entwicklung des in den 90er Jahren von David Manley entworfenen SE/PP 300B dar. Dieser entsprang einer Auseinandersetzung zwischen David Manley (dem ehemaligen Chef von Manley Labs und VTL) und Peter Qvuortrop von Audio Note über Schaltplan-Topologie. Um den Unter-schied zwischen push-pull und single-ended einerseits und den Auswirkungen der Rückkopplung anderseits zu demonstrieren, konnte man den SE/PP300B im laufenden Betrieb zwischen PP und SE-Triode umschalten.

Und auch die Rückkopplung ließ sich von 0 – 10dB in 10 Stufen variieren, wiederum im laufenden Betrieb. Diese variablen Einstellmöglichkeiten bietet auch die neue NeoClassic-Version, plus einen Impedanz-Schalter der die Wahl zwischen 4-8 und 12-20 Ohm erlaubt, zusammen sind es 44 Einstellungen (und als der Narr, der ich bin, gebe ich zu, jede einzelne Variante ausprobiert zu haben, auch wenn einige nur sehr kleine Unterschiede aufwiesen). Wie beim ursprünglichen Design arbeiten die beiden 300B-Röhren in jedem Verstärker-Mono in SE-Mode parallel und bringen so eine Leistung von 12 Watt, im Push-Pull-Betrieb sind es dann 24 Watt.

Mir gefällt das Äußere dieser Verstärker und sie tragen ihren Namen NeoClassic zu Recht. Die Blöcke sind schmal und sehr tief, was in der praktischen Anwendung nicht immer angenehm sein mag, aber hinsichtlich der Ästhetik können sie dann umso mehr punkten. Oben drauf und ganz vorne befinden sich der Drehschalter für die Rückkopplung und die Messpunkte für den Bias (Ruhestrom). Dahinter stehen die 6SL7 Eingangs- und die 6SN7 Treiberröhre (Sovtek); es folgen die beiden 300B-Röhren, parallel geschaltet, und dahinter der Netztrafo. Es folgen, fast gleich hoch wie die 300B-Röhren, die Kondensatoren und danach wiederum die Gleichrichterröhren SU4, genau vor dem großen Ausgangstrafo. Ganz hinten sind die die WBT-LS-Klemmen angebracht. An der Rückseite befinden sich: Stromanschluß mit Netzschalter und Sicherung und die Cinch-Buchse für das einkommende Signal. Das schwarze Gehäuse wird von 4 runden, spitz zulaufenden kleinen Säulen getragen, die es vom Boden abheben und dadurch ihm eine gewisse Leichtigkeit verleihen. An der Frontplatte sehen Sie das hinterleuchtete Firmenloge. Links und rechts davon befinden sich 2 Schalter, einer für Betrieb und Stummschaltung (Mute), ein anderer für die Wahl zwischen SE- und PP-Betrieb. Es ist eines der übersichtlichsten und elegantesten Geräte-Lay-Outs, das ich je gesehen habe; für den Benutzer ist alles verständlich und leicht zugänglich angeordnet.

Nebenbei bemerkt, ist die Einsatzmöglichkeit handelsüblicher und gängiger Röhren kein Zufall. Als Hersteller von Pro-Geräten weiß Manley Labs, dass neben dem soliden Design die Verwendbarkeit solcher Röhren ein unschätzbarer Vorteil bedeutet, wenn man damit die Qualität eines Gerätes wieder auf den Stand wie bei Auslieferung bringen kann; die Verwendung leicht erhältlicher Standardröhren hat den Manley-Geräten den Ruf einer guten Investition eingebracht, da sie auf Dauer zuverlässig und ökonomisch zu betreiben sind. Nach meiner Überzeugung eine überaus wichtige Entscheidung, die auch von anderen Herstellern übernommen werden sollte. Denn für mich gibt es keine enttäuschendere Erfahrung als ein tolles Gerät zu erstehen und nach dem erforderlichen Röhrentausch feststellen zu müssen, dass man den ehemals betörenden Klang nicht mehr erreichen kann, jedenfalls nicht, ohne ein kleines Vermögen auf dem ohnehin schwindenden NOS-Markt ausgeben zu müssen.



Anschluß und erste Inbetriebnahme sind trotz all der Einstellvarianten sehr einfach. Wählen Sie die erforderliche Impedanz für Ihre LS, drehen Sie die Anschlußklemmen für die LS-Kabel fest (ich liebe die Position dieser Klemmen, oben auf dem Gerät, leicht zugänglich und gut zu kontrollieren), schalten Sie das Gerät an und prüfen Sie den Bias. Nach einer Warmlaufphase von 30 Minuten sollten Sie den Bias erneut kontrollieren, dann können Sie Musik hören.

Übrigens hat sich der einmal eingestellte Bias-Wert im Laufe des mehrere Monate dauernde Test kaum verändert, ein weiterer Beweis für solides Design.



Der Kopf

Nachdem die Verstärker etwa eine Woche lang ungestört einlaufen konnten, habe ich sie mir dann genauer vorgenommen; und zwar habe ich im PP-Betrieb in Verbindung mit den Soliloquy 6.2 Lautsprechern und einer Impedanzstellung von 12-20 Ohm begonnen zu hören. Dabei stellte ich schnell fest, dass mich der Klang am ehesten bei einer niedrigen Stellung der Rückkopplung überzeugte, aber nicht bei 0 dB. Bei einer Rückkopplung von 3 dB hörte ich eine gute Tiefenausdehnung mit einer erstaunlich guten Kontrolle, wunderbaren Mitten, ausgedehnten Höhen, einer gut gestaffelten Klangbühne, einer schier explosive Dynamik, alles begleitet von größeren Kraftreserven als erwartet und einer sehr schöne Auflösung.

Das möchte ich noch weiter detaillieren; der Mittenbass-Bereich war leicht überbetont, war aber nicht zu rund, weich oder außer Kontrolle. Bei der Wiedergabe eines Stückes wie Dave Holland's Dream Of The Elders (ECM 1572) erhielt Holland eine größere Präsenz als er es eigentlich verdient hätte. Aber auch bei weniger talentierten Bass-Spielern (in anderen Worten, jeder mögliche) war diese Betonung hörbar, wenngleich nicht überzogen, dennoch mit mehr Bass.

Die Mitten wurden sehr gut gezeichnet, so sehr, dass ich auch unbewußt "dichtere" Aufnahmen wählte als sonst meine Gewohnheit, ganz einfach, weil jetzt die einzelnen Linien klarer heraus kamen. Die Höhen wurden (bei einer Rückkopplung zwischen 3-5 dB) in perfekter Balance mit dem gesamten Frequenzspektrum abgebildet. Das Schöne beim NeoClassic ist, dass man dann, wenn diese Balance gestört ist, diese je nach Art der Aufnahme leicht wieder herstellen kann. Spielte ich z.B. frühe Digital-Aufnahmen, dann konnte ich einfach einige dBs hinzu fügen und so die Wiegabebalance verbessern. Andererseits konnte ich einer eher "lahmen" Aufnahme mit einigen dBs weniger zu Hilfe kommen.

Bei der Dynamik waren die 300B Monos kaum zu zügeln. Im Vergleich zu vielen anderen 300B-Verstärkern, die bereits in meinem Haus spielten, war ich fast benommen als ich zum ersten Mal Tibbet's The Fall Of Us All (ECM 1527) mit ihnen hörte. Ein quirliges, manchmal in schneller Folge wild knurrendes Monster kam bei diesem Album zum Vorschein; ich ahnte, dass einige Passagen darin bei angemessener Verstärkung selbst Muhamed Ali in seinen besten Zeiten zu Boden gestreckt hätten. Dennoch hätte ich nicht gedacht, dass 24W-Verstärkermonos mit 2.500$-/2-Wege-Lautsprechern eine Anlage mit dieser Wirkung bilden konnten. Ein blaues Auge und ein gestauchter Hintern sind Beweis dafür, dass sie mich "umgehauen" haben.

Timing oder, wie unsere Freunde in England sagen, PRAT (pace, rhythm and timing) waren exzellent, nicht nur für einen Röhrenverstärker; Blues-Alben hatten einen besonderen "Punch", Jazz hatte "Swing", Streichquartette waren lebendiger und die meisten der gängigen Country Aufnahmen klangen so verstopft wie immer. PRAT geht oft einher mit einem Gefühl von verloren gegangenem Detail (ich frage mich, ob etwas kürzer angespielte Noten einem das Gefühl einer vorwärts strebenden Dynamik vermitteln); hier traf dies zu meinem Glück jedenfalls nicht zu. Trotz des Gefühls einer treibenden Dynamik blieben ambientes Umfeld und subtile Details der Aufnahme ungeschmälert erhalten.

Der vorherrschende Eindruck der NeoClassic im PP-Betrieb war der von Kontrolle, feiner Auflösung und Biss. Danach in der Skala folgen bei den Manley Verstärkern eine wohl-definierte Harmonik-Skala und eine exzellent ausgeprägte Tonalität. Einen guten Monat lang hatte ich die NeoClassic im PP-Betrieb getestet und habe jedes Musikstück, das ich mit diesen Verstärkern hörte, uneingeschränkt genossen. Und wenn dies schon die ganze NeoClassic-Geschichte gewesen wäre, ich hätte einen positiven Bericht über einen gut gebauten, soliden Verstärker geschrieben. Aber wie ich schon andeutete, steckte in den NeoClassic noch sehr viel mehr drin.


Das Herz

Immer noch im PP-Betrieb, konnte ich beim Wechsel von den Soliloquy-Lautsprechern zu den Merlin VSM-SE (den Impedanzschalter legte ich vorher auf 4-8 Ohm um), meine ersten Eindrücke bestätigen. Aber erst durch das Umschalten von PP- auf SE-Betrieb öffnete sich mir eine neue Welt. Ich gebe zu, die einzelnen Unterschiede bei der Klang-Wiedergabe zwischen den beiden Betriebsarten waren für sich allein genommen nicht sehr groß (Bühne, Tonalität, Timing, Dynamik), wenngleich immer auf der positiven Seite; aber der kumulative Gesamteffekt war bedeutend und hat zu einem überraschenden Wechsel geführt.

Aber lassen Sie uns mit der Veränderung beginnen, die nicht so positiv ausfiel. Bei einer Rückkopplung unterhalb von 2 dB nahm der Tiefen- und Mittenbassbereich einen unkontrollierten Charakter an. Beim Hören des zuvor erwähnten Albums von Steve Tibbetts haben Tiefenbass, Druck und Drive an Focus verloren. Andere Tiefen-Bass-Stücke wie Blind Light's The Absence Of Time (Alda 001) oder alle Me'Shell Ndegeocello zeigten den gleichen Effekt. Gehen Sie mit der Rückkopplung auf über 4 dB und dieses Problem ist gelöst, allerdings nicht ohne einen kleinen damit einher gehenden Verlust an Tonqualität im oberen Klangspektrum. Da die Auswirkung eher klein war, ertappte ich mich immer wieder dabei, die Rückkopplung entsprechend der jeweiligen Aufnahme und meiner eigenen Gemütslage einzustellen. Hören Sie einen Parlamentsbericht, mögen Sie die Rückkopplung auf 6 stellen. Lassen Sie Bruckner's Achte mit Celibidache drehen, nehmen Sie die Rückkopplung zurück auf 2 dB und Sie gehen im Geiste auf einen Zen-trip. Oder Sie hören Bach's Kunst der Fuge mit dem Concerti Italiano, mit der Rückkopplung auf 0 und Sie machen eine Zeitreise 300 Jahre zurück. In einer perfekten Welt oder wenigsten mit einem perfekten Verstärker, müsste ich mich nicht aus meinem Hörsessel erheben, um die richtige Balance zwischen Bass-Kontrolle und Tonalität zu finden. Aber andererseits wissen wir alle zu gut, dass diese Welt nicht perfekt ist, und den perfekten Verstärker gibt es auch nur in der Welt, in der es auch das Einhorn gibt.

OK, nach dieser kleineren Kritik, war in SE-Mode am NeoClassic alles einfach besser. Die Mitten, welche vorher lediglich präzise und detailliert waren, haben eine subtile magische Transformation erfahren, von innen heraus und mit Charakter. Manche mögen dies als flüssig bezeichnen, andere als lebendig. Nennen Sie es, wie Sie es wollen, ich liebe es. Sicher, einige Male klangen mir Aufnahmen realistischer als Life. Aber nach einem Wechsel auf andere Verstärker, die ich noch in Reserve hatte, wurde mir klar, dass dies nicht zutraf. Mir wurde m Gegenteil wieder klar, dass ich und wir alle wahrscheinlich, uns an graue, sterile Verstärker-Leistungen gewöhnt haben, die uns einiges an Vorstellungsvermögen abverlangen, um Details wieder mit Farbe anzufüllen. Mit den NeoClassics konnte ich meine Kopfarbeit einstellen und ausschließlich Körper und Seele zu ihrem Recht kommen lassen. Robin, der schon lange darunter gelitten hatte, war der Meinung, dass Musikhören mit den NeoClassic ist, wie eine Massage erhalten.

Die Bühnenabbildung, ein sicherer Pluspunkt beim PP-Betrieb, konnte in alle 3 Dimension weiter ausgedehnt werden. Die Telarc CD von Arvo Pärts Fratres mit dem I Flamminghi Orchster (Telarc CD-80387) wurde in einer eher kleinen Basilika der Bonne Esperance in Vellereille-les-Brayeux, Belgien, aufgenommen, eine wirklich gute Einspielung, bei der auch feinstes Aufnahmegerät eingesetzt wurde, E.A.R-Röhren-Mikrophone und -Mischpulte. In PP-Mode lieferten die NeoClassics eine akustische Blaupause der Basilika, nach der Umschaltung in SE-Mode wurde aus der Blaupause ein Gebäude aus Stein, Holz und Glas. Und die Bühne nahm eine genauere Definition an, mit größerer Dichte für alle Mitwirkenden.

Bei der Dynamik stand der NeoClassic in SE-Mode der dabei überraschend guten PP-Mode nicht nach. Es kamen aber, wie zu erwarten war, auch noch weitere Life-Mikro-Details rüber. Hören wie Tal Farlow seine Gibson Gitarre anreißt oder streichelt, während Tommy Flanagan und Gary Mazzaroppi den Beat beim Stück Chromatic Palette (Concord CCD-4154) vorgeben, ist eine wunderbare Entdeckung seiner Fähigkeiten; sein Talent, auf subtile Druck-Wechsel zu reagieren, trat offen zu Tage. Legen Sie Vaughan Williams' Sinfonia Antarctica (Naxos 8.550737) auf und hören Sie wie in dem Satz mit der Landschaftsbeschreibung die Orgel ausbricht, in einem ganz einfach gloriosen Klangbild. Im direkten Vergleich kam die SE-Wiedergabe der in PP sehr nahe; aber da niemand es von ihr erwartet hat, ist die SE-Wiedergabe umso bemerkenswerter.

Auch bei PRAT addierten sich alle Verbesserungen unter dem Strich zu einem Vorteil des SE-Mode. Tonale Schönheit ist oft nicht ohne eine besondere Ausbildung der Signal-Spitzen und das Abklingen in "Technicolor" zu haben, und offenbar auf Kosten des Timing. Nicht so hier. Präzision, Kontrolle und Definition sind die Kriterien, in denen der SE Mode überzeugte.

Alles in allem ist der NeoClassic als ein klassischer, universeller Verstärker einzustufen, mit dem Sie gute Leistungen bei der Wiedergabe aller Medien erzielen: CDs in bunter Reihe, UKW-Radio, Kabel, Internet; bei allen fühlte ich mich bewegt von einer tiefen und emotionalen Bindung zur Musik. Wenn das nicht das Ziel unseres Hörens ist, dann bin ich nicht nur auf der falschen Seite, ich lese auch das falsche Buch.

Nur nach tonalen Kriterien zu urteilen, habe ich sicher schon ein oder zwei Verstärker gehört, die eine bessere innere Auflösung bieten konnten (wie den Joule-Electras z.B.) oder auch den einen oder anderen Verstärker, der mit einer besseren Bühne aufwarten konnte (z.B. Rowland im Verein mit Wisdom Audio Lautsprechern). Ich habe auch schon Verstärker mit einer größeren Dynamik gehört. Aber nicht ein einziger war in der Lage alle diese Kriterien in einem so kompletten Umfang zu erfüllen wie der NeoClassic. Sicher ist auch er nicht ohne Schwächen, wie weiter oben ausgeführt. Die kann er bei einem tiefen Bass mit etwas mehr Rückkopplung wieder ausgleichen, allerdings auf Kosten der reinen Tonwiedergabe. Und gäbe es den wirklich perfekten Verstärker, er würde alles tun wie der NeoClassic, vielleicht jedoch mit etwas mehr an innerer Auflösung und etwas mehr Pep. Bei der reinen Klangwiedergabe ist der NeoClassic allerdings konkurrenzlos und beim Timing liegt er mit vielleicht zwei oder drei anderen gleich auf in einer eigenen Liga. An einem Lautsprecher mittleren bis hohen Wirkungsgrades kann ihn bei der Dynamik kein anderen Verstärker übertreffen. Können Sie mehr verlangen oder können Sie mehr von einem Verstärker erwarten?


Ich bin ein Mann des Gefühls

Offen gesprochen, Musikkritik ist ein heikles Thema. Bob Dylan singt seit 40 Jahren, das, was mir gefällt; versuchen Sie aber nicht, meine Schwester mit seiner Musik zu überzeugen. Und wenn ich Trost und Ruhe bei der Minimalist-Musik von Arvo Pärt finde, dann bemüht meine Mutter die durchsichtige, einfache und niveaulose Musik von Yanni für den gleichen Zweck. Natürlich habe ich Freunde, die das gleiche über Arvo Pärt sagen und mir empfehlen, mich mehr Webern zuzuwenden. Auch wenn andere Kritiker mir beim Geschmack meiner Mutter oder meiner Schwester beipflichten mögen (oder auch bei meinen hörgeschädigten Freunden), ich würde es zutiefst missbilligen, wenn die Kritiker, mich eingeschlossen, uns die Freude nehmen wollten, die wir beim Hören "unserer" Musik empfinden. Denn gute Musik ist die, welche uns persönlich bewegt. Wenn wir diese Erkenntnis übertragen auf die trockene, analytische und objektiv-neutrale Berichterstattung über Geräte, mit denen wir Musik hören, dann frage ich mich, ob wir richtig liegen. Noch vergleichsweise einfach ist die technische Beschreibung des Aufbaus und der Funktionen, bis hin zu den klanglichen Eigenschaften in einer Anlage, in einem bestimmten Raum. Der Leser erhält zumindest einen Eindruck unserer Vorlieben und Vorurteile. Aber genau so wenig wie Sie nach dem Lesen eines Lexikons zum Poeten werden, so wenig befähigt die Erfüllung gewisser klanglicher Eigenschaften ein Gerät zur perfekten Musikwiedergabe. Sowohl Poesie als auch Musik haben etwas mit Kunst zu tun, die, wenn sie uns richtig treffen, an der rechten und der linken Gehirnhälfte vorbei direkt auf die Seele und das Gefühl zielen.

Nach Monaten der Beschäftigung mit den NeoClassic 300B Verstärkern kann ich offen bekennen, dass sie mich tief in die Musik haben eindringen lassen, in einer wunderbaren und erhabenen Art und Weise. Egal, ob in einer ungleichen Verbindung mit einem Lautsprecher-Paar, dessen Preis nur 1/3 des Preises der Verstärker ausmachte oder in Verbindung mit meinen Merlin Referenz-Wandlern oder mit einem 5-Chassis-, 3-Wege-LS wie dem Soliluquy 6.5s, die Manley Verstärker waren in der Lage, eine besondere emotionale Bindung zu allen gespielten Stücken herzustellen. Aber auch meine rationalen Ansprüche hinsichtlich der realistischen Klang-Wiedergabe einer Aufnahme, zusammen mit den anderen Komponenten einer Anlage, konnten sie befriedigen. Aber am Ende dreht sich alles um Musik und ihre Wirkung auf uns. Deshalb lassen Sie mich folgendermaßen enden: ich habe noch nie einen Verstärker gehört, der die Bindung an die jeweilige Musik so unmittelbar und ohne jede Anstrengung und so zuverlässig immer wieder herstellen konnte wie der NeoClassic.

Die folgende Einstufung betrifft den Betrieb in SE-Mode:

Tonqualität 90
Tiefenbass 10 – 60 Hz 90
Mittlerer Bass 80 – 200 Hz 98
Mittlere Frequenzen 200 – 3.000 Hz   99
Hohe Frequenzen 3.000 Hz + 98
Dynamik 94
Ausklingen 97
Innere Auflösung 96
    
Klangbühnenbreite vorne 95
Klangbühnenbreite hinten 95
Klangbühnentiefe hinter den LS 95
Klangbühnenausdehnung im Raum  90
Abbildung 98
Verarbeitung 100
Eigengeräusch 98
Preis-/Leistungs-Verhältnis 100


Technische Daten

Röhrenausstattung: zwei 300B (Ausgang), eine 6SN7 (Treiber) eine 6SL7 (Eingang), zwei 5U4 (Gleichrichter)
Leistung (1kHz bei 5dB Rückkopplung)
SE-Mode: 11 Watt bei 3% THD
PP-Mode: 24 Watt bei 1,5% THD
Frequenzbreite (bei 5 dB Rückkopplung):
SE-Mode: 15 Hz – 15 kHz +/- 0,5 dB @ 5 Watt
PP-Mode: 10 Hz – 20 kHz +/- 0,5 dB @ 5 Watt
Eingangsempfindlichkeit (bei 5 dB Rückkopplung):
SE-Mode: 700 mV
PP-Mode: 450 mV
Rauschabstand:
SE-Mode: 83,5 db Ref. 1W
PP-Mode: 85,4 dB Ref. 1 W
Dynamik:
SE-Mode: 94 dB Ref. 3% THD
PP-Mode: 99,5 dB Ref. 1,5% THD
Eingangsimpedanz: 100 kOhm
Lastimpedanz: schaltbar: 4 - 12 Ohm,
Stromverbrauch: 240 Watt max.
Haupt-Sicherung: 220 – 240 V, 1,5 A (träge)
B+-Sicherung: 400 mA (träge), Keramik
Abmessungen: (B x T x H, cm) 21,5 x 58,4 x 23
Transportgewicht: 18,6 Kg/Mono


300B SE/PP Monos, Todd Warnke


STEREOPHILE September 2002

Geräte-Bericht


MANLEY LABORATORIES 250 Neo-Classic
Röhren Monoblock End-Verstärker

Paul Bolin

Große Röhren-End-Verstärker haben schon etwas besonderes an sich. Kein anders Audio-Gerät kann einen so "elementar-unmittelbaren" Effekt erzielen und erwachsene Audiophile erweichen. EveAnna Manley, Präsidentin der Manley Laboratories, weiß um die Wirkung kraftvoller Röhren-Verstärker auf das audiophile Hirn und teilt diese Leidenschaft. Selbst eine Harley-Bikerin, Bergsteigerin und überzeugte Musik-Liebhaberin, ist sie eine der farbigsten Figuren der Branche. Sie müssen so eine Frau einfach verstehen, die jede CES-Veranstaltung damit endet, dass sie mit voller Lautstärke "Rage against the Machine" spielt.

Frau Manley weiß viel über Klang und verwendet den größten Teil ihrer Zeit damit, sich um eine viel anspruchsvollere Gruppe als uns HiFi-Enthusiasten zu kümmern. Manley Labs ist groß im Geschäft mit Pro Audio und Aufnahmestudios. Der Manley VoxBox Mikro-Vorverstärker und Stimmen-Processor, der Überlastungsschutzschutz, und der "Massive Passive" EQ, sind nur einige wenige der hoch angesehenen professionellen Manley Geräte, die man in den führenden Studios der ganzen Welt findet. Und nicht überraschend ist, dass alle mit Röhren bestückt sind.

Während Manley Labs sich ohne Not auf die Führungsrolle im professionellen Audio-Bereich beschränken könnte, möchte EveAnna beim großen Klang im Konsumer-Audio-Sektor mitmischen. Und da sie der Chef im Ring ist, gibt es inzwischen ein komplettes Programm an Manley Labs Audio Geräten. Angefangen beim extrem praktischen Shrimp Vorverstärker und Stingray Vollverstärker bis rauf zur beeindruckenden Steelhead Phono-Vorstufe und dem 250 Neo-Classic, gibt es ein passendes Manley Teil für jede Art von Anwendung und Budget. Und alle sind Röhrengeräte.





Schrauben und Muttern, Röhren und Trafos

Der 250 Neo-Classic stellt eine umfassende Überarbeitung und Weiterentwicklung des Reference 240 Verstärkers dar (behandelt im STEREOPHILE im May 1996 (Vol.19 Nr. 5). Seine Schaltung sind genau so einfach und "ungehobelt" wie ein V2-Motorradmotor. Unnötiges wurde weggelassen: die Eingangsstufe besteht aus einer Dual-Triode 12AT7WA von EI in Jugoslawien. Die 12AT7WA ist verbunden mit der sogen. Treiber-/Phasen-Splitter-Stufe durch einen aus Polypropylen-Film und Folien-gewickelten Kondensator. Dort sind die beiden Dual-Trioden 6414 (oder 12BH7A, falls verfügbar) eingesetzt, in einer länglichen Splitter-Konfiguration – aber im 250 werden die Röhrenstufen parallel verbunden, was nach Aussage von Frau Manley mehr Gain hervorbringt und die "Steilheit" der Röhre verdoppelt, mit dem Ergebnis höherer Frequenzbereiche und eines geringeren Rauschens.

Danach streben die positiven und negativen Phasen des Signals zur Ausgangsstufe, wo 10 Sovtec EL34G/Electro-Harmonix EL34EH Röhren für die "Kraftentfaltung" zuständig sind. * Dies Ausgangsröhren sind auf einen Bias-Wert von 27mA im Leerbetrieb eingestellt. Die Biaseinstellung befindet sich hinter dem Namensschild, auf deren Rückseite ein Diagramm und die Einstellanweisung eingraviert ist. Die globale negative Rückkopplung ist auf einen moderaten Wert von 12dB limitiert.

So offen EveAnna Manley über die Schaltungen des 250 spricht, so ungewöhnlich bedeckt hält sie sich bei dem speziell entwickelten Ausgangs-Übertrager. Im Unterschied zu anderen Herstellern von Verstärkern baut Manley alle Übertrager im eigenen Haus, bei der Manley Magnetics Division. Der Ausgangsübertrager des 250 baut auf der Entwicklungsstufe auf, wie bereits im Stingray Vollverstärker verwirklicht, jedoch wesentlich größer dimensioniert. EveAnna Manley vertritt die Meinung, dass der Klang des 250 zu einem großen Teil beeinflusst wird durch diesen Übertrager; dieser ist auch verantwortlich für die Bass-Wiedergabe dieses Verstärkers.

Eine besonders reizvolle Option des 250 ist seine Fähigkeit, wahlweise sowohl im Trioden- als auch im Tetroden-Betrieb "arbeiten" zu können. Als "Tetrode" liefert der 250 Neo-Classic 250W bei 5 Ohm Impedanz und, nach einem einfachen Schalterklick am Frontpaneel, 100W als "Triode". ** Im Tetroden-Betrieb sind die Gitter der Ausgangsröhren mit dem zentralen Anschluss der Primärwicklungen des Übertragers verbunden. Nach dem Wechsel auf Trioden-Betrieb werden die Gitter mit der Anode verbunden, und damit wird auf elektrischem Wege aus der EL34 eine Trioden-Röhre.

Das Netzteil ist entsprechend groß dimensioniert, es benutzt extrem schnelle Solid State Gleichrichter, und liefert 320 Joule an Kraftreserven für die B+ (Hoch-Spannungs-) Schiene des Verstärkers.

Der enorme Strombedarf des 250 macht einen 2-stufigen Start-Ablauf erforderlich: der Hauptschalter bringt den Verstärker in Standby/WarmhaltePosition. In dieser Stufe erhalten die Primärwicklungen nur die Hälfte des vollen Arbeitsstroms; erst nach Betätigung des "Operate"-Schalters wird dem Verstärker die volle Stromstärke zugeführt. Nehmen Sie noch den Input-Mute-Schalter zurück und schon kann es los gehen. Auf dem leicht angewinkelten Rückpaneel sind die robusten WBT-Klemmen zum Anschluss der Lautsprecher angebracht, ebenso liegt dort der Zugang zu der Sicherung und der Schalter für asymmetrische (Cinch) oder symmetrische (XLR) Eingangsverbindungen, die über den Übertrager laufen.

System-Besonderheiten

Ich habe während der letzten Monate in regelmäßigen Abständen die 250 gehört, um mich an deren besonderen Charakter in Verbindung mit meiner Kette zu gewöhnen, und um mich danach erst mit dem eigentlichen Hörtest zu befassen. Dabei standen sie auf einem Grand Prix Audio Monaco Verstärkerrack und waren verbunden mittels Wireworld Gold Eclipse III+ NF- und Bi-Wire LS-Kabel. Im Triode-Betrieb habe ich sie an meine angenehm-zahmen Silverline Sonata LS angeschlossen, als alternative Referenz-LS zu meinen Apogee Duetta Signatures. Da die 250 sehr gut auf die CPCC Top Gun und die Wire World Silver Electra III+ Netzkabel ansprachen, habe ich diese auch während des gesamten Tests benutzt.

Wie bei den meisten Röhrenverstärkern war die Einspielphase für die Neo-Classic eher kurz – ich hörte sie während einiger Wochenenden und dann waren sie auch schon bereit. Wenn es danach einige Unterschiede in der Klanwiedergabe gegeben haben sollte, dann waren sie für mich nicht wahrnehmbar. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, bei einem Röhrenverstärker 1 Stunde vor dem bewussten Hören "Feuer zu machen", um eine gleichmäßig konstante Betriebstemperatur zu erreichen. Und außer einer Kontrolle des Bias-Einstellung*** an den Ausgangsröhren. war dies schon alles, was ich für diese Verstärker tun musste. Wenn Sie die Betriebsanleitung lesen, mit einem Schraubendreher und einem Multifunktionsmesser umgehen könne, dann haben Sie nichts zu befürchten.


Tetroden, Drehmoment, Schub

Ich habe die Manleys zuerst im Tetroden-Betrieb gehört. Es war nicht überraschend, dass sie mich sogleich mit einer gelassenen, aber enormen Kraftentfaltung beeindruckten. Diese Verstärker bemächtigten sich des Signals und kontrollierten es ohne die Spur einer Anstrengung. Meine Apogee Duettas benötigen eine beträchtliche Signalstärke, aber die 250 ließen sich dadurch nicht von ihrem gemächlichen Verhalten abbringen, auch nicht bei sehr großer Lautstärke. Nehmen Sie zum Beispiel "Fracture" von den King Crimson´s Starless and Bible Black (LP, Editions EG EGKC7). Hier erprobt Crimson´s den Umfang der Dynamik, von den leisen Teilen einer einfachen Sologitarre und einer elektronischen Violine bis hin zum beängstigenden Aufbrausen bei der Wiederholung der Melodie. Wenn die Band aus dem Nichts heraus mit einer apokalyptischen Lautstärke mit der letzten Wiederholung des Themas hervortritt, kann kein Hörer sich der besonderen Wirkung (dieser Passage) entziehen. Ich habe das Stücke hunderte Male gehört, aber die Kombination Manley-Apogee ließ mich durch die Decke gehen. Um dies tun zu bewirken, bedarf es immenser Kraft-Reserven und die haben die Neo-Classics. Oh "Brother", und wie!

Kraft und Kontrolle sind eine schöne Sache, aber viel wichtiger noch sind getreue Wiedergabe des Timbres und die Art, wie der besondere Klang der ursprünglichen Aufnahme-Akustik getroffen werden kann. Dabei haben sich die 250 im Gesamtbild etwas zurückgehalten. Wenn sie auch einiges aufdeckten, die Fehler einer schlechten Aufnahme haben sie mir dann doch nicht zugemutet. Die Verstärker sind über Aufnahmen, die mit Fehlern behaftet waren, mit einer gutmütigen Resignation hinweggegangen, gleichsam mir andeutend, dass ihnen etwas anderes lieber wäre, bei dem sie sich voll in Zeug legen könnten.

Der Bass der 250 hat sofort meine Aufmerksamkeit erregt. EveAnna Manley´s Anspruch hinsichtlich des Ausgangs-Übertragers hat sich in der "Performance" des Verstärkers bestätigt gefunden. Was genau die magischen Eigenschaften sind, die sie in diese Übertrager "eingewickelt" hat, darüber lässt sich EveAnna nicht aus; aber die Bass-Performance des Neo-Classic entspricht dem State-of-the-Art für Röhrenverstärker und gereicht auch jedem anderen Verstärker zu Ehren.° "Jazz Master" von Kruder und Dorfmeister, von den K & D Sessions (CD, G-Stonc K-7073CD) und "The Robots" von Kraftwerks The Mix (CD, Elektra 60869-2), haben einen monströs tiefen Bass; die 250 haben ohne Kraftanstrengung die Wände meines Hörraumes vibrieren lassen.

Die 250 stehen aber nicht nur für Basswiedergabe, sie konnten auch "tanzen". Die Manleys haben mich mit ihrem Rhythmus überzeugt, besonders bei Remain in Light von Talking Heads (LP, Site SRK 6095) indem sie die bassstarken Schläge bei "The Great Curve" und "Crosseyed and Painless" herausstießen. Das Maschinengewehr-ähnliche Wechselspiel zwischen Virktor Wooten am Bass und Futur Mans elektrischer "Drumitar" bei Béle Fleck and the Flechstones´ Live Art (CD, Warner Bros. 46247-2) waren niemals unscharf oder verhärtet, blieben räumlich ruhig und sauber getrennt, so dass ich die erstaunliche Musikalität beider Spieler verfolgen konnte.

Die Wiedergabequalität der 250 mit akustischen Bassinstrumenten war noch eindrucksvoller. Der Verstärker tauchte in die senkrecht-stehende Bassgeige ein und lieferte einen unglaublich festen Klang und mit einem feinen Gefühl für Kontrolle; daneben ließ es die Resonanz aus dem großen Instrumentenkörper auf natürlich Weise im Raum "aufblühen". Der brüllende Bass in "Journey to the Line" vom The Thin Red Line Soundtrack (CD, RCA 63382-2) bekam das erforderliche Quantum an "furchterregender" Kraft und tief-ergreifender Trauer, wie es die Musik verlangt.

Sexy, verführerische, harmonisch-reiche Mitten kann man bei einem Röhrenverstärker erwarten und die hat der Neo-Classic auch gebracht. "Last Night (When We Were Young)" von Carly Simon, aus Film Noir (CD, Arista18984-2) haben die Manleys so verführerisch und so aufreizend wiedergegeben, dass es eines eiskalten Verächters bedurft hätte, um daran etwas auszusetzen. Ich brauchte der liebreizenden Lady nur noch eine Drink zu servieren und ihrem Gesang zuzuhören, ohne einen Gedanken am Rest der Welt zu verschwenden.

Mit Orchester-Musik taten die 250 sich genau so leicht. Beim Abspielen von Aida und Samson et Dalila (LP, Ballet from the Opera, RCA Viktor/Classic LSC-2400) breiteten die Manleys eine große, offene, genau-definierte Klangbühne aus und beschrieben die verschiedenen Teile des Orchesters in aller Klarheit. Der Klang aus Zino Francescatti´s Solovioline und die vollen Streicher des Orchesters in Beethovens Violinkonzert (LP, Columbia Masterworks MS 6263) waren wunderbar und die 250 taten sich besonders bei der Wiedergabe der sehr feinen tonalen Unterschiede bei den Passagen der Holzbläser hervor. Und die jederzeit verfügbare Kraft ermöglichte es, die noblen Themen mit majestätischem Gewicht und mit Dynamik vorzutragen.

Gelegentlich wünschte ich mir etwas mehr Spritzigkeit in den oberen Höhen, aber die geschmeidigen und ausbalanzierten oberen Oktaven der 250 waren so perfekt im Einklang mit dem vollen, aber detaillierten Klang, so dass (die Erfüllung meines Wunsches) wahrscheinlich etwas zu sehr abgelenkt hätte und vom Grundcharakter entfernt gewesen wäre. Hätte es dem vollen Streicherklang etwas mehr schmeicheln sollen? Ja, aber der Gesamteindruck des Orchesters war so durchgängig und überzeugend, dass, je länger ich hörte, je grundloser eine solche kleinliche Kritik erschien. Konzerthallen-Klang ist detailliert und lebendig, nicht dem Hifi-Glanz verpflichtet. Das brachten die Manleys.

Das Anspring-Verhalten der Neo-Classics war so gut wie das irgend eines von mir je gehörten Röhrenverstärkers mit Übertrager. Die "Attacken" aggressiv gespielter Violinen und Schlaginstrumente aller Art waren überzeugend und charakter-gerecht. Die Übergänge zwischen den hervortretenden Cymbal-, Triangel- und Klavier-Einlagen und den angeschlagenen Saiten akustischer Gitarren waren gut definiert, mit der richtigen Anteil an Spontaneität, frei von Härten und Übertreibung.



Die Möglichkeit, zwischen Tetroden- und Trioden-Betrieb zu wechseln, machen die 250 zum Traum eines Audio-Neurotikers


Klangbilder waren eine weitere Stärke der Neo-Classics. Die große Räumlichkeit, die von Brian Dougans und Garry Cobain bei Future Sound of London in der tollen Aufnahme von Papua New Guinea Translations dargeboten wird (UK CD, Jumpin´ and Pumpin´ CD TOT52) hatte Tiefgang, war voll im Klang und dicht gedrängt mit exotischen Klang-Elementen. Fsol schafft ein anderes Klanguniversum und die Manleys haben mich übergangslos dort hineinversetzt. Die extrem komplexen Mixturen des Papua New Guinea enthalten Schichten über Schichten an Arrangements von mehrfachen Verschachtelungen ineinander verwobener Muster. Die Neo-Classics konnten dies alles ohne Mühe auseinander halten und brachten die organische, holistische Natur dieses Ultra-Hip zum Vorschein, ein postmoderner Trip durch kosmische Tropen (oder ist es der tropische Kosmos?).

Die 250 waren besonders stark in der Vermittlung eines Gefühls in der Musik, die ich ihnen anvertraut habe, und beschränkten sich nicht auf die reine Klang-Wiedergabe. Crimson´s The ConstruKction of Light (CD, Virgin 49261-2) ist ein Angriff – eine schmerzauslösende industrielle, düstere, verdichtete, claustrophobische Klangwelt, die, wenn Sie sie überhaupt ertragen, erdrückend und aufreizend zugleich ist. Die Manleys straften mich physisch wie in 3 Runden mit Lennox Lewis, so wie Crimson es beabsichtigt hat, ohne aber den Bezug zum musikalischen Inhalt zu verlieren.

Nichts könnte verschiedener von ConstuKction sein als das bezeichnende 2. Album der Gruppe (CD Capitol 25389-2-8). The Band ist durchtränkt vom Gefühl der Post-Civil-War-Zeit – hausgemacht, ländlich und erdverbunden – und die klagenden Harmonien, die klingenden Gitarren und das hölzern-dumpfe Gedröhne von Levon Helm´s Tret-Trommel waren einfach sublim. Mit Hilfe der 250 zog mich in "The Night They Drove Old Dixxie Down" die lamentierende Stimme von Helm weg aus meinem Hörraum im Vorort von Minneapolis, mitten hinein in die Vorstellung eines reinen Musiklabors.



Trioden, schmackhaft und griffig

Die Wahlmöglichkeit zwischen Tetroden- und Trioden-Funktion macht die 250 zum Traum eines Audio-Neurotikers. Zwar wird die Ausgangsleistung bei Trioden zurückgenommen, dafür bringt diese aber andere Vorteile. Nicht, dass die 2 x 100W auf Triodenbasis zu verachten wären – immerhin konnte ich meine Apogee Boxen damit ohne Einbußen betreiben, mit Ausnahme vielleicht einer extrem weit ausladenden Musik. Im Trioden-Betrieb konnten die Manleys meine 93dB/W Silverline Sonatas genau so unangestrengt "befeuern" wie sie die Apogees in Tetroden-Schaltung betrieben. Was bedeutet, dass sie meine Lautsprecher wie einen Medizinball zum aufspringen gebracht hätten, wenn ich denn bei entsprechend verrückter Lautstärke hören würde.

Der Unterschied im Charakter der 250 war bei Trioden und Tetroden nicht sehr groß. Aber einige Unterschiede waren es wert weiter untersucht zu werden. Als Triode produzierten die 250 einen wunderbar warmen Klang, voller und emotionaler als mit den Tetroden, aber zum Preis einer leicht reduzierten Detailauflösung im "hinteren Teil der Bühne". Bei großen Orchestern erlaubten die Tetroden zusammen mit den Apogee- und mit den Silverline-Boxen einen etwas klareren "Einblick" nach weit hinten, aber die Trioden waren bei kleineren Ensembles klar überlegen.

Beim Hören von Jesse Cook´s Free Fall (CD, Narada 49290-0-8) waren Definition und Breite im Bass überragend, und während eine Spur von der Räumlichkeit und der Luftigkeit der Tetroden verloren ging, war der Focus beim blitz-schnellen Gitarrenspiel von Cook unverändert. Auch die rasgueado Flamenco-Technik, bei der die Finger in schneller Folge über die Tasten geschlagen werden, wurde haarscharf wieder gegeben. Die Gitarre von Cook war lebendig und unmittelbar präsent, unterstützt durch eine schöne Resonanz mit Holzcharakter. Manleys Stärke bei akustischen Gitarren kam auch der LP von Anthony Philips Enrique Berro Garcia Antiques zugute (PVC 8968). Als Triode zeigten die Manleys, dass sie nicht nur Muskeln hatten, sondern auch sehr zart und behutsam zu Werke gehen können, mit einem sehr großen Feingefühl.

In der Trioden-Stellung haben die Verstärker nichts von ihrer "Wucht" eingebüßt. Das Trommelsolo von Dannie Richmond im "Boogie Stop Shuffle" (LP, Mingus Ah Um, Columbia Classics, CS S171) schoss aus den Apogees in den Raum, und das kraftvolle, aber fein abgestimmte Trommeln von Chris Maitland in Porcupine Tree´s Live in Coma Divine (UK, CD, Delerium DELEC CD 067) hat seine Ausdruckskraft nicht eingebüsst. Große Bläser-Chöre wie in der Barbirolli-Hallé Aufführung von Sibelius´ Finlandia (LP, EMI ASD 2272) waren voll und rund: Posaunen und Hörner hatten viel Volumen und Gewicht. Die Musik von Berlioz hat vor allem großangelegte Orchester aufzubieten und die Marley-Silverline Kombination konnte alles in feinem Stil rüberbringen. Beim Hören der Roman Carnival Ouverture (LP, EMI ASD 3080) konnte ich mir die riesige Klangbühne vorstellen und konnte mich überzeugen von der Genauigkeit der Verstärker bei der Abbildung der großen Bandbreite der Orchesterfarben und der Art, wie der Tamborin und das Cymbal sich aus dem Ensemble "lösten".



Die Manley Laboratories

250 Neo-Classic ist die

Harley-Davidson der Verstärker.



Die besinnliche Melancholie von Mingus´ "Goodbye Pork Pie Hat" und der urbane Nacht-Song des Saxophon Solos in "Open Letter to Duke" sind einfach schöne Stücke, Musik die zum Kern einer Überzeugung und zum Gefühl vorstößt. Die Manleys haben den sehr persönlichen Ausdruck und den einfachen old Soul, der Kern von Mingus´ Musik, in beiden Betriebsarten eingefangen, aber die Trioden konnten noch einen zusätzlichen, leichten Schauder einer emotionalen Ergriffenheit hinzufügen. Bei big Rock und Orchesteraufnahmen brachten die Tetroden etwas schärfere Abrisse in den Klangfolgen und mehr Spontaneität; bei Jazz, Folk, und kleineren Besetzungen, aufgenommen in weniger imposanten Räumen, war die Trioden die richtige Wahl.



Wie eine große Harley-Davidson, nur besser

Die 250 Neo-Classic haben die schwer zu beschreibende Qualität, die sofort zu bemerken ist, wenn man sie hört: eine fundamentale Treue zur Musik. Sie waren nicht zu streng gegenüber den Aufnahmen, besonders im Trioden-Betrieb, aber sie haben bei den besten Aufnahmen aus den feinsten "Verästelungen der Rillen" alles hinsichtlich Klangfarbe und räumlicher Abbildung herausgeholt. Als Tetrode kann sie locker jeden von mir gehörten Lautsprecher überall bis rauf zum dumm-dreisten Loudness-Level antreiben, ausgenommen vielleicht in einem Flugzeug Hangar.

Wie ihrer mitreißenden Entwicklerin kann man den 250 Neo-Classic nicht nachsagen, dass sie heucheln oder sich angeberisch aufführten. In einem gewissen Sinn sind die großen Manleys "anti-hifi". Ihre tonale Persönlichkeit war kompromisslos ehrlich und frei von Allüren; sie behandeln Musik wie etwas, das man liebt und umsorgt, und nicht wie eine Folge von Tönen, die man auseinander nehmen und zu Tode analysieren kann.

Die Manley Laboratories 250 Neo-Classic ist die Harley-Davidson der Verstärker: groß, umwerfend stark, in einem coolen Retro-Stil, der süchtig macht, und mit einer wuchtigen und kraftvollen Präsenz, die großes Vertrauen einflößt. Und kein Besitzer einer Marley muss sich je über Öltropfen Gedanken machen.

Machen Sie sich auf die Reise mit einem Paar der 250. Die Fahrt wird Ihnen gefallen.

  • Manley Labs setzen nur Röhren ein, die auch in großen Mengen verfügbar sind; um sicher zu stellen, dass die Verstärker über Jahre betrieben werden können, ohne nach den ausgefallenen Röhren-Typen suchen zu müssen.

** Das Umschalten zwischen Tetroden- und Trioden-Betrieb kann nur erfolgen, wenn der Verstärker komplett ausgeschaltet ist.

*** Nur 2 Röhren in den beiden Verstärkern mussten leicht verstellt werden, um den Bias entsprechend der Spezifikation zu korrigieren.

° Der Lamm ML1 ist der einzige andere Röhrenverstärker, den ich kenne, mit vergleichbarer Bass-Qualität und -Quantität. Es könnte ein Zufall sein, dass Lamm sich ebenfalls nicht auslässt über seine Ausgangsübertrager.



Technische Daten:

  • Monoblock Röhre-Endverstärker mit Solid-State Gleichrichter.
  • Röhrenbestückung: eine 12AT7WA, zwei 6414 oder 12BH7A, zehn EL34G
  • Ausgangsleistung: 2 x 250W bei 1,5% THD an 5 Ohm Impedanz (Tetrode)
  • 2 x 100W bei 1,5% THD an 5 Ohm Impedanz (Triode)
  • Eingangsempfindlichkeit: 1V
  • Eingangswiderstand: 100k Ohm
  • Geräuschspannungsabstand: 80dB
  • Dynamibandbreite: 93 dB
  • Frequenzbandbreite: 10Hz – 80 kHz, +/- 0,5 dB
  • Stromverbrauch: 30 W in Standby, 815 W bei Volllast
  • Abmessungen: B 48,2 cm x H 22,9 cm x T 33,0 cm
  • Transportgewicht: 33,1 kg (einzeln)

Hersteller:
Manley Laboratories, Inc, 13880 Magnolia Ave.
Chino CA 91710, USA, www.manleylabs.com

Konzeption: EveAnna Manley Produkt,
Entwicklung/Ausführung: Balthazar Hernandez


Serien-Nr. der Prüflinge: 250117 und 250118